#ngf – Michael Kraske

Liebe Sandra,

so, nun tauiche ich gerade wieder aus der Lektüre auf. Ich habe reingelesen, mich festgelesen und bin natürlich noch nicht annähernd durch, weil ihr da ein wirklich pralles, tiefgründiges, berührendes und unglaublich facettenreiches Buch auf die Beine gestellt habt. Es gäbe sehr viel zu bemerken und hervorzuheben, aber ich werde mich erstmal darauf beschränken, wie gewünscht, einige Schlagworte und Kerngedanken zu formulieren, die du vielleicht zum Bewerben als Bausteine mit nutzen kannst. Vorweg aber noch: Die Struktur und Mischung verdienen ein besonderes Lob. Die Aufteilung nach Depression, Angst, Tod, Kunst und Kultur etc. gibt eine wichtige Dramaturgie fort. Die Verbindung von seelischen Erkrankungen mit Musik, Literatur etc. ist ein echter Gewinn, das wirkt nicht aufgesetzt, sondern zwangsläufig, weil ihr euch dem Thema ohnehin ganzheitlich annähert. Also, einige Gedanken zum Buch:

  1. Form und Aufmachung sind super ansprechend und haben allein aufgrund der charakteristischen Graphiken von Schwarwel eine ganz eigene ästhetische Qualität. Das Buch hat nicht die Aufmachung eines Medizinratgebers, sondern ist ein Lebens- und Lesebuch.
  2. Anders als die allermeisten Publikationen zum Thema stellt #ngf konequent Menschen und Persönlichkeiten in den Mittelpunkt. Hier sprechen keine Patienten, sondern immer Menschen, egal wie bestimmend und überwältigend die Krankheiten auch empfunden werden.
  3. Depression, Angsstörungen, Borderline etc. werden durch die ausführlichen Erfahrungsberichte anschaulich, in all ihrer Bedrohlichkeit aber auch Alltäglichkeit. An keiner Stelle sind die Autor:innen auf ihre Krankheiten reduziert, aber die Berichte miniaturisieren auch nicht, sondern geben ein schonungsloses, immer aber auch nüchternes Bild vom Leben mit der Krankheit.
  4. Viele Texte haben einen ganz eigenen, individuellen Erzählton, eine Haltung, die aus den Miniaturen Lesestücke mit einer ganz eigenen Qualität machen.
  5. Zu allen Rubriken liefern die Exper.innen in einger Sache wertvolles Faktenwissen, Hintergründe und Erkenntnisse, die sie auf einem oft schmerzhaften Weg über die Jahre selbst gesammelt haben. Dieses beiläufig transportierte Wissen ist extrem hilfreich für Betroffene.
  6. Gleichzeitig liefert #ngf am Ende des Buches ganz konkretes Grundlagenwissen inklusive Service-Teil mit Kontaktangeboten. Auf diese Weise wird garantiert, dass Hilfesuchende nicht mit Anstößen und der Schilderung belastender Lebenskrisen allein gelassen werden, sondern am Ende ein Weg zur Hilfe gewiesen wird.
  7. Wie kaum eine andere Publikation schafft es #ngf zu vermitteln, dass psychische Erkrankungen keine Randerscheinungen sind, sonderne eine vielschichtige und vielgesichtige Normalität, die aber gesellschaftlich bis heute gewohnheitsmäßig ausgeblendet wird.
  8. Die Verbindung im Buch zu Kunst, Kultur, Musik etc ist nicht bloß Anhängsel, sondern verdeutlicht mit komplexen Betrachtungen zweierlei: Einerseits wie sehr psychische Erkrankungen mit der menschlichen Existenz verbunden sind und sie über alle Genres hinweg beschäftigt haben. Andererseits aber auch, wie sehr Stereotype und Vorurteile bis heute die Sicht darauf prägen, wie man an der Darstellung psychopathischer Täter im Kinofilm ablesen kann.
  9. Eine besondere Qualität von #ngf besteht darin, dass ihr euch dem Thema furchtlos und unverschhämt nähert und dass die Autor:innen so tief bliecken lassen – in Abgründe, Krisen, aber auch ganz individuelle Wege. An keiner Stelle hat man das Gefühl, dass hier jemand nur als Beispiel oder Stcihwortgeber:in herhalten soll. Im Gegenteil fügen sich die ganz eigenen Lebenswege und so lange meistens unsichtbaren Kämpfe zu einem tiefgründigen, berührenden und tröstlichen Gesamtbild. Eine wichtige Kernbotschaft: Es wird nicht alles gut, schnelle Lösungen kann es bei so komplexen Erkrankungen nicht geben – aber es gibt Wege und Hilfe.
  10. Die allermeisten Beiträge sind von beeindruckender Stärke, gerade weil sie die persönlichen Schwächen und Nöte mit so entwaffndender, manchmal brutaler, immer aber wohltuend lakonischer Schonungslosigkeit offenlegen. Die Autor:innen treten nicht in der Pose des Tabubruchs auf und reißen gerade deshalb das gesellschaftliche Schweigen auf, das über dem Thema liegt.
  11. Tommy formuliert es an einer Stelle im Interview sinngemäß. Im gesellschaftlichen Alltag sind exiistentielle Themen wie Tod und Krankheit an den Rand gedrängt. #ngf stellt das, was so viele Menschen beschäftigt, erschüttert, einnimmt und gefangen nimmt in den Mittelpunkt und füllt die allgemeine Sprachlosigkeit nicht mit der einen großen Antwort, sondern mit ganz vielen klugen, erfahrungsgesättigten Perspektiven auf.

So, ich hoffe dieser eher impressionistische und noch ganz frische Blick von mir auf das Buch macht Sinn für dich. Wie gesagt, der stärkste Eindruck ist wohl, was für eine volle pralle Sammlung mit beeidruckenden Persönlichkeiten euch da gelungen ist. Da sidn so viele spannende Geschichten und Lebenswege drin, dass man sich sofort festliest und bei all der Schwere trotzdem nicht erdrückt wird.

Nun drücke ich die Daumen für die Vermarktung und natürlich werde ich auch auf meinen Kanälen aus allen Rohren schießen.

Schönen Sonntag und liebe Grüße,

Micha

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