„HERR ALPTRAUM“ TAGEBUCH-EINTRÄGE

HERR ALPTRAUM IM TRAUMJAHR 2012 VON SCHWARWEL

Eigentlich dachte ich, dass es mit Herrn Alptraum den üblichen Weg des animierten Kurzfilmes geht: erst Film fertig und die Filmfinanzierung irgendwie hinbekommen haben, dann durch Glück und Fleiß und Netzwerke den Film bei der DOK Leipzig uraufführen können und ihn schließlich auf ein paar Festivals zeigen dürfen, derweil man schon die nächsten Trickfilmprojekte anleiert und umsetzt, während unser Autor und Sprechen Herr von Aster den Film vielleicht noch auf ein paar seiner Lesungen einem wohlwollenden Publikum vorführt …

Unsere Produzentin Sandra hat diesen üblichen Gang der Dinge aber schwer vereitelt: Sie hat Herrn Alptraum einfach bei allen vorstellig gemacht, die über eine Postadresse oder eine E-Mail verfügen, und versandte bergeweise Vorführ-DVDs in aller Herren Bundesländer – zum Glück!

Denn so kamen Herr von Aster und ich in die Lage, Macher eines Kurzfilms zu sein, der bisher auf 50 Festivals und derlei Veranstaltungen lief und zudem zu einem dreifachen Preisträger wurde: Festival-Sieger beim Schlingel, beim Kurzsüchtig und in Oberursel! Wahnsinn!

Dazu schaffte es unser sinistrer Herr Alptraum auch in den Endausscheid des 2012er 13th Street-Shocking-Shorts-Award, bei dem die letzten drei Finalisten auf dem Münchner Filmfest gefeiert wurden. Folgerichtig ist unser Werk auch auf der 2012er Shocking-Shorts-DVD zu finden.

Auch auf die Showreel-DVD ”New German Animations“ schaffte es unser Nachtmahr-Meister Dank unserer Fleißmeisen-Produzentin, so dass wir auch würdig beim „Festival international du dil d’animation“ in Annency vertreten waren und Herr Alptraum dadurch wiederum sogar in Indien beim Kurzfilmfestival „Kalpanirjhar“ in Kolkate bestaunt werden konnte.

Und Feeernseeehn! Nachdem schon 13th Street und der MDR samt der öffentlich-rechtlichen Dritten die Geschichte um Herrn Alptraum und Insomnia für sich entdeckt hatten, klingelte obendrein arte an, um unseren Film in ihrem Jahresend-Tim-Burton-Programm einzubetten, wo sich Herr Alptraum natürlich pudelwohl fühlte, denn schließlich gab Herrn von Asters und meine Liebe zu den verschrobenen Tim-Burton-Welten den Anstoß, dass sich Herr von Aster den Herrn Alptraum überhaupt ersann und ich ihm dann ein Gesicht (und Arme und Beine und so) geben konnte!

Und das Beste daran:
Während ich diesen kleinen Rückblick schreibe, gehts schon kräftig vorwärts und Herr von Aster brütet bereits am zweiten Abenteuer unseres geliebten Herrn Alptraum und ich bin schon sehr gespannt wie ein ominös-finsterer Flitzebogen, wohin die Reise diesmal gehen wird.
Mein Bleistift jedenfalls ist gespitzt und das Zeichenpapier ist bereit, es mit jeder Situation aufzunehmen, in die uns die neuen Reime des Herrn von Aster stürzen werden!

Danke von mir für dieses fantastische Alptraum-Jahr an Sandra für ihren Dickkopf, an Herrn von Aster für sein Betrauen in unsere Teamfähigkeiten, an unser Filmteam (Chrisse, Putzi, Thomas, Maik und Andy), an unsere GlüMo-Teamster ASK und Maren, an all die Festivalmacher und die Trickfilm-Verrückten und überhaupt und sowieso!

– schw, LE 31.12.20012

HERR ALPTRAUM JAHRESRÜCKBLICK VON CHRISTIAN VON ASTER

Dass Herr Alptraum mich zum ersten Mal heimsuchte ist inzwischen schon ein wenig her. Und wie die meisten Träume (welcher Art auch immer sie sind)  suchte auch dieser sich seinen Weg in die Welt am Ende entgegen aller Widrigkeiten. Als er mir das erste Mal begegnete, war nicht sicher, inwieweit er überhaupt Wort wird. Geschweige denn Bild. Oder gar Film. Er hatte die gleiche vage Gestalt wie so vieles, das wohlgenährten wundertrunkenen Köpfen entspringt und dennoch niemals wirklich wird. Diese Dinge liegen hinter den Dingen, von den man weiß, dass sie ihren Weg in der Welt machen werden. Weil sie zeitgemäß und so gehalten sind, dass sie gefallen. Ein Alptraum aber fragt nicht, ob er gefällt. Weder den, dem er durchs Gemüt geistert, noch jenen, dem er aus der Feder fließt … Und das war Grund genug, ihn so weit durchzufüttern, dass er bald schon derart kräftig war, dass er nunmehr nicht nur mich heimsuchte.

Kaum wütete also Herr Alptraum auch in Herrn Schwarwels Kopf, begann sein nachtmahrischer Siegeszug, der ihn 2012 so tief in die Köpfe der Welt projizierte, dass diese sich seiner Bedeutsamkeit nicht mehr erwehren konnte und ihm mehr als einen bedeutsamen Filmpreis zugestehen musste.

Ich bin nicht wenig stolz auf diesen Umstand. Und ein wenig berührt. Und habe wieder einmal lernen dürfen, dass man Dinge nicht aufgeben sollte, nur weil Leute einem dazu raten, dass die Magie des Seltsamen bedeutsam ist, was immer wer auch immer sagt und dass man, wenn man gemeinsam an Dinge zu glauben wagt, mehr erreicht als man allein jemals könnte. Herr Alptraum und das was aus ihm geworden ist, erinnert mich an all die aussichtslosen Kämpfe, in die ich mit den richtigen Verbündeten noch ziehen will.

Ich hätte niemals gedacht, dass dieser kleine garstige Mann so weit kommt.

Und auch Herr Alptraum ist wesentlich weiter gelangt, als ich mir hätte vorstellen können. Weil er auf mehr als eine Hand vertrauen durfte. Und weil er einigen Menschen dort draußen sympathischer ist als eben Träume ohne Alp.

Meine Feder ist gespitzt, des Schwarwels Feder ist genässt und auch Frau Strauß wird niemanden verschonen. Auf geht es in die nächste Nacht. Und ich freue mich auf jeden, der uns dorthin folgen wird …

Christian von Aster

TAGBUCH VON SANDRA 22.08.2011

Als Schwarwel und Christian von Aster 2007 die Idee zu „Herr Alptraum“ hatten und ein gemeinsames Buch realisierten, ahnte sicherlich noch niemand, dass „Herr Alptraum“ am 18.10.2011 als Film über die DOK-Kinoleinwände flimmern wird.

Nachdem beide Künstler schon mehrere Bücher zusammen erschaffen hatten – Herr von Aster als Autor und Schwarwel als Illustrator -, produzierten Herr von Aster in Koproduktion mit uns – Glücklicher Montag – die Vampir-Doku „Kevin“, bei dem wir alle sehr viele Erfahrungen sammeln durften.
Erfahrungsreich war auch unser erster eigener Trickfilm von Schwarwels Figur Schweinevogel, den die MDM förderte und dessen Premiere wir 2009 feierten.
All dies hat uns sehr geholfen, unseren jetzigen „Herr Alptraum“-Film so zu produzieren, wir wir es möchten und gerade eben machen, u. a. zählt dazu unser derzeitiges unglaublich starkes Team.

Aber der Reihe nach:
Nach der Herstellung unseres Trickfilmes „Schweinevogel – Es lebe der Fortschritt!“ lag es einfach nahe, dass wir “Herr Alptraum” als nächstes selbst produzieren.
Also taten wir es und reichten diesen bei der KdFS ein. Mit Erfolg, denn im Winter 2010 erhielten wir die Zusage der KdFS und waren alle unglaublich glücklich darüber.
Unser Produktions-Team hatten wir schnell gefunden: Christian von Aster sowieso, THC & Chrisse & Andy Fischer als unsere langjährigen Wegbegleiter, Maik Hartung, früherer PUNK-Freund von Schwarwel und einer der allerbesten Sound-Designer, den wir kennen, und ein unglaublich dufter Typ obendrein dazu. Und Putzi: zählt auch zu der Kategorie: Unglaublich dufter Typ. Auge, Comic Combo Leipzig, L-IZ.de und vieleviele weitere.

Und natürlich Schwarwel:
“Herr Alptraum” ist im wahrsten Sinn des Wortes: „Ein Film von Schwarwel“: Schwarwel und ich produzieren den Film, er ist Regisseur und Animator sowie auch fürs Drehbuch, Storyboard, Art Direction, Backgrounds und alles Künstlerische verantwortlich.
Derzeit ist Schwarwel 24 h x 7 Tage die Woche im Alptraum-Universum – neben den alltäglichen Karikaturen, wöchentlichen Short Novels und Studiojobs. Er animiert bis zum Sonnenaufgang und mittags gehts dann gleich weiter … Abnahme, Korrekturen, Absprachen, die exakten Bewegungen und Abfolgen jeden einzelnen Reims ausdenken .. animieren
Wie fühlt sich das an:? Via Facebook beschrieb Schwarwel dies folgendermaßen: „Das, worauf du mich gerade kriechen siehst, ist doch nur mein unteres Zahnfleisch 😉 Es wird.
Jeder eigene Film von Schwarwel ist anders, eins haben aber alle gemeinsam: Neue und weitere Meisterwerke werden der Gesellschaft zugänglich gemacht.

Chrisse, Putzi und ich scannen, linetesten, timen, kolorieren, toonboomisieren und bereiten alles für THC vor, der die einzelnen Reime zusammenfügt.
Andy ist für Bauten und Stop Motion zuständig und die Sprachaufnahmen im Studio von Maik Hartung sind auch schon lange im Kasten.

Herr Alptraum denkt nach, beblumt Insomnia, macht Filmaufnahmen, packt seine Arbeitsmaterialien für seine Nachtschicht … immer an seiner Seite sein Hund ADHS, dessen Namensgeber Christian und Andy waren.

Und nebenbei:
Zwischendurch veröffentlichten wir gleich mal eben noch unser neues Buch „Herr Alptraum Storyboards“ – das neue Fachbuch für Filmschaffende und Trickfilmer -, erstellten die „Herr Alptraum“-Webseite und präsentierten unseren Animatic auf dem Film-Sommer Sachsen sowie Comicfestival München.
Diese Woche haben wir die Location für unsere „Herr Alptraum“-Premiere und den Film-Sommer Sachsen-Empfang besichtigt und sofort JA gesagt.

Und weiter gehts:
Weitere Hunderte von Blättern wollen vollgezeichnet und eingescannt werden, Frames getimt und koloriert werden.
Und wenn wir das alles ganz oft wiederholt haben, sehen wir uns alle bei unserer „Herr Alptraum“-Premiere mit anschließender Premierenparty.

Trickfilme machen ist eine sehr fordernde und entspannte Angelegenheit zugleich.

Sandra

TAGEBUCH VON PUTZI 22.08.2011

Is das jetz ne Schraube oder muss da schwarz rein?

Man möchte meinen, dass nach 4 Wochen GlüMo/Scanning-Gehirn-Therapie dein Über- und Unter-Ich (also „Es“) verschmolzen sind, deine Kommunikationsfähigkeit auf rudimentärste Grunz-Ebene verkümmert und dir jeder halbwegs zwielichtige Psychologe mit mindestens 2 BMW’s (oder zumindest den verzweifelten Wunsch nach diesem Grundbedürfnis) eine mittelschwere Depression mit merkwürdigen Verhaltensauffälligkeiten ausstellt.

Allerdings kann ich euch sagen: Es ist überhaupt nicht so, alle Erlebnisberichte dieser Art über GlüMo lügen! Seit Beginn der Arbeiten von „Herr Alptraum und die Segnungen des Fortschritts“ ist das ganze Studio nur noch so erfüllt von Liebe, Glückseeligkeit und Freude. Schwarwel sitzt in seinem Zimmer mit einladendem Hawai-Look, zeichnet fröhlich jede einzelne Szene von Herr Alptraum und wenn mal einer der, na ich schätz mal ganz frei tausend Mitarbeiter ein paar Fragen hat, dann schenkt er ihnen ein warmherziges Lächeln und hilft ihm.

Ich persönlich bin inzwischen fähig, Linetests zu machen (also gucken wie Schwarwels Zeichnungen aneinander gereiht aufm Rechner aussehen, also Daumenkino 2.0), die eingescannten Zeichnungen dann im Animationsprogramm so legen, wie sie sein müssen und letztendlich sogar Kolorieren auf der untersten und einfachsten Ebene. So dreht sich inzwischen meine Welt nur noch über Fragen wie „Ist der Arm jetz 50% oder 55% schwarz“, „Is das jetz n Fleck aufm Bildschirm oder nen Spritzer auf der Zeichnung?“ oder (mein persönlicher Favorit) „Is das jetz ne Schraube oder muss  da schwarz rein?“. Natürlich ist das Scannen immer noch ein Mittelpunkt meiner Aufgaben und das habe ich inzwischen erst zur Kunst erhoben und dann diese Kunst zur Perfektion gebracht.

TAGEBUCH VON CHRISSE 07.08.2011

Ich frage mich, wie ein Produktionstagebuch aus Herrn Alptraums Sicht aussehen würde, wahrscheinlich in etwa so:
“Heute hatte ich einen komischen Tag. Erst wurde mein Körper und mein Zuhause in Einzelteile zerlegt. Ein komischer Typ zeichnet erst meinen Kopf auf ein Blatt Papier, wenn ich mich nicht bewege, macht er das zweimal, auf zwei verschiedenen Blättern. Das gleiche macht er dann mit meinem Körper. Und dann mit meinen Armen und allen restlichen Körperteilen. Ein gruseliges Gefühl – ich kann nicht sagen, dass ich es nicht ein bisschen genieße.
Dann schreibt er komische Zahlen über meine Einzelteile, packt sie zusammen und legt sie auf einen Tisch.
Irgendwann nimmt mich dann ein anderer Typ und packt mich – schön nacheinander, Teil für Teil – auf eine seltsame Maschine. Erst ist es stockduster, doch dann auf einmal dieses ohrenbetäubende Geräusch, dass mich jedesmal von neuem erschaudern lässt. Ich weiß, es dauert nicht mehr lange, bis das Licht, das gleißende, blendende, weiße Licht meine Finger- oder Nasenspitze erreicht. Es fährt über meinen Körper, das kitzelt, dann wird es wieder dunkel, ich werde von der Maschine genommen und künftig muss ich mir mein Papier mit einem grellstgelben (nicht gerade meine Lieblingsfarbe) Haken teilen. Ich werde wieder zusammengepackt, auf einen anderen Tisch bugsiert – und was dann passiert …
Liebes Tagebuch, das genügt für heute – das ist der Stoff aus dem Alpträume sind.”